Entwicklung in den einzelnen Ländern

Seniorentanz in Brasilien
wurde im November 1993 in Pirabeiraba im Bundesstaat Santa Catarina gegründet und hat bis heute dort Sitz und Verwaltung. Er gehört juristisch zur „Instituicao Bethesda“, einer diakonischen Einrichtung mit Altersheim, Krankenhaus und staatlich anerkannter Ausbildungsstätte für Gemeindehelfer. „Danca Senior“ (so der Name des Verbandes) ist jedoch in sich autonom, gemeinnützig, mit eigener Satzung, eigenem Etat und natürlich einem Vorstand, der alle zwei Jahre von der Vollversammlung neu gewählt oder im Amt bestätigt wird. Die Diakonin Regina Krauser, Leiterin des Altersheimes Bethesda, ist seit 1993 Präsidentin des brasilianischen Verbandes. Dem Vorstand zur Seite steht ein Ausbildungsrat, der die Ausbildungsordnung festlegt und das in der Ausbildung bzw. im Verband offiziell verwendete Material erarbeitet und überprüft. Der Verband finanziert sich in erster Linie über die Beiträge seiner Mitglieder.
„Danca Senior“ hat sich in seinen Anfangsjahren eng an die Richtlinien der TanzleiterInnen- Ausbildung des Deutschen Bundesverbandes Seniorentanz e.V (BVST) angelehnt. Das gilt für die Ausbildungsordnung, Tänze, Tanzbeschreibungen und didaktisches Material. Von Anfang an wurden Tänze im Sitzen und Geronto-Aktivierung in Form einer speziellen Gymnastik als Schwerpunkte in alle Ausbildungsphasen mit aufgenommen. Inzwischen sind selbstverständlich auch brasilianische Tänze in das Ausbildungsprogramm integriert worden. Die Ausbildung wurde neu strukturiert. Sie findet in 4 Stufen statt: Grundlehrgang, AI und AII, Zertifikat. Gleiches gilt für die Ausbildung „Tänze im Sitzen“, wobei der Grundlehrgang für beide Ausbildungslehrgänge identisch ist. Die Inhalte der theoretischen Themen entsprechen in etwa denen des BVST. Die Lehrgänge beinhalten 100 UE und Praxiszeiten von 140 UE. Die Ausbildung zur Tanzleiterin/zum Tanzleiter für Seniorentanz ist staatlich anerkannt. Alle zwei Jahre findet an unterschiedlichen Orten ein groöes, nationales Tanzfest statt, das Tanzgruppen aus vielen Landesteilen zusammenführt. Diese Treffen sind, bedingt durch die Größe des Landes und die Entfernungen in Brasilien, extrem gemeinschaftsfördernd und für den Zusammenhalt der SeniorentänzerInnen ausgesprochen wichtig.

Seniorentanz in Norwegen:
Der Verband „Forbundet Seniordans i Norge“ (FSN) ist ein junger Verband. Er wurde vor 13 Jahren gegründet. Die Zahl der Mitglieder nähert sich 10.000 und sind über das ganze Land verteilt. Das Hauptproblem ist, dass Norwegen ein sehr schwach bevölkertes Land ist und infolge dessen die Mitglieder oft lange Strecken zurücklegen müssen, um sich treffen zu können. Der Verband ist in 23 Regionen mit 12 Instrukteuren organisiert. Diese sind für 300 Gruppen im ganzen Lande verantwortlich.

Seniorentanz in Dänemark:
In den Jahren 1984/85 haben Ellen Bjorn Andersen und Solveig Christiansen mit den ersten Seniorentanzgruppen in Nordjütland begonnen. Beide hatten an einem Tanzleiter-Lehrgang in Deutschland teilgenommen. Zwei Jahre später, am 16. November 1986 wurde der Landesverband Dansk Senior Dans (LDSD) gegründet. Die Mitgliederzahl liegt heute weit über 4.000. Mehr als 400 davon sind TanzleiterInnen. Aber nicht alle SeniorentänzerInnen sind Mitglied des Landesverbandes, weshalb die Anzahl der SeniorentänzerInnen in Dänemark 3 – 4 x grösser ist als die Anzahl der Mitglieder. Seit 1998 ist Dansk Senior Dans assoziiertes Mitglied im Dansk Sportsdanserforbund und dadurch Mitglied des Danmarks Idraets-Forbund (DIF). Organisatorisch ist der Dänische Verband in 13 Regionen aufgeteilt, die ihre eigenen Regionalvorstände haben, die tanzmäöige Aktivitäten für SeniorentänzerInnen in der Region planen. Alle drei Jahre veranstaltet eine der 13 Regionen einen nationalen Seniorentanzleiter Innentreff. In den Jahren 1989 und 2001 fand das Internationale Tanzleitertreffen in Dänemark statt.

Seniorentanz in Finnland
In Finnland sind drei Organisationen für Seniorentanz zuständig. Margareta Grigorkoff hat im Jahre 1979 den Seniorentanz nach Finnland gebracht. Finnlandschwedische Tanzliebhaber haben 1985 den Verein Seniordansledarna i Finland rf gegründet (heute heiöt er Finlands Seniordansförbund rf), der mit der regelmäöigen schwedisch-sprachigen Ausbildung von Tanzleiterinnen und –leitern begann. Die Aufgabe des Verbandes besteht darin, die im Stehen oder Sitzen zu tanzenden Seniorentänze in Finnland zu entwickeln. Auöerdem schult der Verband die Tanzleiterinnen und –leiter und pflegt nationale wie internationale Kontakte.
Unter anderem veranstaltet der Verband jährlich den Tag des Seniorentanzes, an dem sich die Mitglieder zum gemeinsamen Tanz zusammenfinden. In den Sommermonaten finden einmal in der Woche sommerliche Seniorentanztage statt.
Im Jahre 1985 begann das Altersinstitut der Kuntokallio-Stiftung zur Verbreitung des Seniorentanzes mit dem Verband zu kooperieren. Unter der Leitung von Elina Karvinen übernahm das Institut die Verantwortung für die Weiterentwicklung des Seniorentanzes und die finnischsprachige Ausbildung der Tanzleiterinnen und Tanzleiter. Das Altersinstitut ist eine Forschungs-, Entwicklungs- und Sachverständigeneinrichtung, die sich zum Ziel gesetzt hat, ein gutes Altwerden zu fördern. Ein Tätigkeitsbereich des Instituts liegt in der gesundheitsfördernden Bewegung von alternden Menschen. Das Altersinstitut betreibt zudem mit dem Seniorentanz verbundene Forschung und Kartierung. Die jüngste Kartierung hat ergeben, dass es in Finnland insgesamt rund 10.000 SeniorentänzerInnen gibt und dass einschlägige Aktivitäten in etwas der Hälfte der finnischen Kommunen angeboten werden.
Zur Unterstützung der finnischsprachigen Seniorentanz-Aktivitäten wurde 1997 der Suomen Kansainvälisen Senioritanssin Liitto ry gegründet, dem Tanzleiter und Tänzer beitreten können. Dieser Verband gibt ein- bis zweimal im Jahr eine eigene Zeitschrift heraus und organisiert jährlich eine Senioren-Kreuzfahrt. Die Aufgabe des Verbandes ist es, die Kontakte zu den Liebhabern des Seniorentanzes zu pflegen, als Sprachrohr der Mitglieder zu fungieren und ihre Wünsche und Entwicklungsvorschläge zur Sprache zu bringen.
Die drei genannten Organisationen haben ein gemeinsames Ausbildungssystem und betreiben enge Kooperation zur Weiterentwicklung der nationalen und internationalen Seniorentanz-Aktivitäten. Der neueste Entwicklungsbereich besteht in modifizierten Anwendungen des Seniorentanzes für Spezialgruppen. Auf den internationalen Seniorentanzleitertreffen wird Finnland immer von beiden Seniorentanzverbänden des Landes vertreten.

Seniorentanz in Frankreich
Tanzen ist eine weitverbreitete Freizeitbeschäftigung in Frankreich. Jung und alt treffen sich in sogenannten “bal folk” um regionale Tänze wie Mazurka, Bourre´und Andr dro, usw. zu tanzen. Vor jedem Tanz werden die Tanzschritte von einem Mitglied der Volksmusikgruppe erklärt, und dann geht es los! Alle machen begeistert mit, auch wenn sie nicht alle die Tanzschritte und Figuren genau beherrschen. Diese ungezwungene Art, Tänze zu vermitteln und dadurch Begeisterung zu wecken, ist – so meiner Meinung nach – das Erfolgsrezept dieser Treffen.
Eine zweite Art des Tanzens sind die vielen Folkloretanzgruppen, die man in Frankreich in vielen Orten, ob groö oder klein, findet. Diese Gruppen führen bei Festen traditionelle Tänze vor oder sie treffen sich für ihr eigenes Vergnügen regelmäöig zum Tanzen.
Eine andere Art von Tanzgelegenheiten sind die zahlreichen “Tanzteenachmittage”. Sie geben vielen Tänzern und Tänzerinnen einens gewissen Alters die Möglichkeit, Standard- und Gesellschaftstänze zu tanzen. An diesen Nachmittagen nehmen viele alleinstehende Damen teil, die sich dann gemeinsam auf der Tanzfläche bewegen. Eine Praktik, die in ganz Frankreich verbreitet ist.

Irene Juppont, Präsidentin der Association DATA
Chanteheux, le 19.05.2007

Wie steht es in Frankreich mit dem Seniorentanz?
Wie ich schon im vorhergehenden Teil erklärt habe, gibt es viele verschiedene Möglichkeiten und Gelegenheiten seiner Tanzfreude Ausdruck zu verleihen. Für den Seniorentanz muss erst einmal Platz gefunden werden. Der Begriff “Senioren” wird zur Zeit in allen Publikationen groö geschrieben. Aber wer fühlt sich als schon als “Senior” angesprochen? Und was bedeutet für unsere Tänzer “Seniorentanz”?
Wie kam ich persönlich zum Seniorentanz?
Ich bin gebürtige Krefelderin – Nordrhein-Westfalen und siedelte 1974 bei meiner Heirat nach Luneville/Lorrain in Frankreich um. Ich wurde dann recht bald Mitglied einer Volkstanzgruppe in meinem neuen Wohnort, den ich dann später als Tanzleiterin übernahm. 1994 machte ich eine Staatsausbildung zur Seniorenanimateuerin. Während dieser Ausbildung nahm ich an einem “Schnuppertag” des Bundesverbandes Seniorentanz im Saarland teil. Spontan sagte ich mir: “Diese Aktivität ist gut für meine Arbeit im Seniorenbereich.”Â
Die ehemalige, leider verstorbene Präsidentin des Saarlandes Frau Hilde Rauguth, ermunterte mich an einer Tanzleiterausbildung in Deutschland teilzunehmen. Ich war von der Methodik und dem Prinzip des Tanzen im Sitzen begeistert. Der Bundesverband schlug mir vor, eine Referentenausbildung zu hinterlegen, um genügende Startkenntnisse zum Aufbau des Seniorentanzes in Frankreich zu erhalten. März 2001 beendete ich diese Ausbildung mit dem Referentendiplom des BVST.
Im Jahre 2000 gründete ich die französische Association DATA (Dansons A Tout Age – in jedem Alter tanzen) und begann mit den ersten Ausbildungen zu Seniorentanzleitern mit dem Material des Bundesverbandes, welches ich ins französische übersetzte.
Welches Publikum ist an Seniorentanz und Tanzen im Sitzen interessiert?
In unseren Ausbildungsseminaren zu Seniorentanzleitern befinden sich Altenheimpfleger, Krankenschwes-tern und Ergotherapeuten. Zu Beginn der Ausbildung müssen wir Referen-ten die allgemeine Skepsis der Teilnehmer überwinden. Wir hören Argumente wie “Glauben sie wirklich, dass unsere Heimbewohner dies mitmachen werden?” oder “Ich hätte nicht gedacht, dass man für das Tanzen im Sitzen rhythmisch so exakt sein muss! Werde ich das schaffen?”
All diese Anfangsprobleme sind schnell vergessen und die persönlichen Erfolgserlebnisse und der Spaö am Tanzen mit den vielfältigen Musiken motiviert die Teilnehmer sehr. Die Ausbildung finden in einem Altenheim statt und oft haben sie “zusätzliche Teilnehmer” – es handelt sich um die Bewohner des Heimes, die spontan mitmachen. Für uns Ausbilder ist dies das beste Beispiel der positiven Auswirkung dieser Aktivität.
Unser Ausbildungsprogramm ist vor allem auf das Tanzen im Sitzen ausgerichtet, da die meisten Heimbewohner in fortgeschrittenem Alter und auch gesundheitlich sehr geschwächt sind. Die Seniorentänze – Stehtänze – werden meistens bei festlichen Anlässen vom Personal vorgeführt. Deshalb bestehen wir darauf, diese Tänze im Ausbildungsprogramm beizubehalten. Sie sind auch für das rhythmische und musikalische Verstehen wichtig. Die Association Data findet bei den Teilnehmern der Ausbildung eine positive Resonanz. Dies bestätigt uns in unserer Arbeit, den älteren Menschen zu helfen, so lange wie möglich eine gewisse Autonomie zu bewahren und ebenfalls eine Aktivität zu finden, in der die Teilnehmer Freude und Frohsinn finden.